Der fehlende Selbstwert des Menschen ist nicht nur ein deutsches Phänomen, obwohl die Deutschen nach dem 2. Weltkrieg so gedemütigt worden sind, dass sie vielleicht noch weniger Selbstwert haben, als Menschen anderer Länder. Der mangelnde Selbstwert des Menschen ist so alt wie die bekannte Geschichte und begann mit der “Vertreibung aus dem Paradies”, eine Parabel über das Verbot zu Wissen.

Die christlichen Religionen z.B. bezeichnen den Menschen als “Staubkorn im Angesicht Gottes” und eine Erlösung gibt es möglicherweise im Jenseits, aber auch nur, wenn man die Kirchengesetze befolgt. Dieses Unwertsein wurde noch die Evolutions-theorie, an die der zeitgenössische Mensch immer noch glaubt, verstärkt. Danach ist der Mensch zufällig geboren, hat zufällig gelebt und ist zufällig gestorben. Sein Leben wird durch Zufall und Notwendigkeit bestimmt und es gibt keinerlei Erlösung aus diesem dumpfen Zustand. Das äußert sich manchmal in Hässlichkeiten wie “die Menschheit ist ein Krebsgeschwür” oder “wir sind alle Halbaffen”…

Dieser Verlust des Wissens führt zu einem Gefühl der Abgetrenntheit von sich Selbst und deshalb vom Ganzen. Das “erweiterte Selbst” wären alle Fähigkeiten und Zustände eines Menschen, die einem Gott zugesprochen werden. Wird dies bewusst, so ist der Mensch erleuchtet. Er ist sich bewusst, dass er seine Welt selbst generiert und dass das, was er von “Anderen” wahrnimmt, seine eigenen Inhalte sind und dass er sich selber ändern muss, wenn er “die Welt” ändern will.

Sind ihm diese kurz skizzierten Zusammenhänge nicht klar, dominiert ein Gefühl der Wertlosigkeit und Ohnmacht. Selbst die sogenannten Mächtigen der Welt sind ihren Ängsten und dem Tod, der angeblich jederzeit zuschlagen kann, hilflos ausgeliefert. Diese Angst drückt sich dann in Kontrollwahn und übertriebenen Sicherheitsdenken aus, letztendlich in Kriegen. Und diese “Mächtigen” sind nur Spitze einer breiten Schicht von Menschen, die ähnliche Ängste haben.

Jede Art von Gewalt, Verurteilung und Strafe ist eine Gewaltätigkeit gegen sich selbst, die auf Andere projiziert wird, weil sie so angeblich leichter zu ertragen ist. Aber das, was man Gewissen nennt, ist vielleicht noch ein Rest von Wissen, dass man es sich selber antut…

Die Lösung ist, sich wieder mit sich selbst zu verbünden, auf die leise Stimme seiner selbst zu hören, den eigenen Intuitionen,Impressionen und Impulsen zu folgen und eine generelle Akzeptanz für alle Anderen zu haben in dem Wissen, dass man sein eigenes Schicksal selber generiert. Sich selbst zu lieben ist die Voraussetzung, Andere lieben zu können und es ist auch die Voraussetzung, sich selbst zu er-mächtigen. Die ganze spirituelle Entfaltung ziehlt darauf, wieder mit sich selbst Eins zu sein und das bedeutet, auch mit dem Ganzen Eins zu sein und Einssein bedeutet nicht Anpassung, sondern Akzeptanz in der Vielfalt. Die Macht des Ganzen steht jedem zur Verfügung und meiner Meinung nach erfordert es weniger Mut, sie zu übernehmen als ein ganzes Leben in Angst und Ohnmacht zu verbringen…

Wer sich selber haßt, den haben wir zu fürchten, denn wir werden die Opfer seines Grolls und seiner Rache sein. Sehen wir also zu, wie wir ihn zur Liebe zu sich selbst verführen!

Friedrich Nietzsche

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